Seit Jahren gibt es eine Diskussion um das Phänomen der angeblichen „Marienerscheinungen“, die in Medjugorje ihren Ursprung genommen haben: Erscheint den aus Medjugorje stammenden Sehern wirklich die Gottesmutter? Oder sind die Ereignisse parapsychologische Früchte aus dem Unbewussten der Seher? Sind sie eine betrügerische Manipulation oder gar eine Täuschung böser Mächte? Dem Vernehmen nach gibt es im Vatikan Pläne, das Phänomen Medjugorje demnächst durch eine Kommission abschließend prüfen zu lassen. Regina Einig befragte dazu den Vorsitzenden der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie, den in Lugano lehrenden Dogmatiker und Patrologen Professor Manfred Hauke.
Die erste Enzyklika eines Papstes erklärt sich programmgemäß als eine Art Verlautbarung über die Wegweisung, die der Nachfolger Petri der Kirche in den Jahren geben will, in denen sie ihm anvertraut ist. Man kann klar im Titel des Dokumentes den Willen Papst Benedikts ausmachen, von den Grundpfeilern des Christentums neu zu star-ten: Gott ist die Liebe (1Joh 4,16), für eine Menschheit, die immer mehr dem Meer an Möglichkeiten einer Gesellschaft ausgesetzt ist, damit aber diese Menschheit auf sichere Geleise zu Gott geführt werde.
Er schließt die Enzyklika mit ihr, mit Maria „Mutter des Herrn, Spiegel aller Heiligkeit“. Ihr widmet er die letzten Zeilen seines Briefes über die Liebe, Maria, deren Leben ganz in Liebe verwirkt war und die Mutter der Liebe selbst wurde. Lassen wir jedoch, dass die Worte des Heiligen Vaters selbst sprechen, voll Gnade und zarter Liebe zur kleinen Frau von Nazaret.
Nirgendwo in der Welt hat die Gospa über einen so langen Zeitraum und mit so vielen Botschaften zu den Menschen dieser Erde gesprochen. Das allein ist schon so einzigartig, dass es uns in Staunen versetzt. Die Botschaften sind nicht spektakulär, sind nicht sensationell, wie wir Journalisten es erwarten und es bei der Vermarktung von Informationen gewohnt sind. Viele der Botschaften sind Wiederholungen, inhaltliche Vertiefungen, Hilfsangebote dafür, kleine, ja kleinste Schritte im Glauben machen zu können, sie sind wiederholte Aufrufe, endlich das zu tun und zu leben, wozu die Gospa vorher schon einmal aufgerufen hat. Sie regt uns immer wieder an, dass wir uns zu Ihr hinwenden sollen, um den Glauben zu erlernen, um Jesus zu finden, uns selbst zu finden. Das alles ist vom journalistischen Anspruch her nicht sonderlich interessant. Die Botschaften sind eben keine Eintagsfliegen, sind keine Nachrichten, die heute sensationell erscheinen und morgen "kalter Kaffee" sind, entsprechend dem Ausspruch: "Nichts ist so alt wie eine Zeitung von gestern". Das sind die Botschaften eben nicht. Sie sind Stützen und Hilfen, kontinuierlich zu wachsen, schlicht und einfach.
In den Botschaften von Medjugorje findet sich viermal die Aufforderung, die hl. Schrift zu lesen. Am 18.10. 1984 hieß es: "Heute lade ich euch ein, dass ihr in euren Häusern jeden Tag die Bibel lest. Sie soll an sichtbarer Stelle liegen, damit sie euch immer zum Lesen und zum Beten anregt". Eine spätere Botschaft greift diese Einladung sehr nachdrücklich auf: "In jeder Familie muss miteinander gebetet und die Bibel gelesen werden."(Botschaft vom 14.2.1985). Zwei weitere Botschaften nennen Gründe, warum die Schriftlesung so wichtig ist: "Betet und lest die Heilige Schrift, damit ihr durch die Heilige Schrift die Botschaft für euch durch mein wiederholtes Kommen entdeckt", und: "Lest die Heilige Schrift, lebt und betet sie, damit ihr die Zeichen dieser Zeit begreifen könnt".(25.6.1991 und 25.8.1993). -
Wenn man nach besonders auffälligen Hoffnungszeichen in unserer gegenwärtigen Kirche fragt, werden sehr oft die neuen geistlichen Gemeinschaften oder Bewegungen genannt. Sicherlich zu Recht, denn im ganzen stellen sie eine authentische christliche Antwort auf die Herausforderung der kulturellen Situation des Glaubens dar (vgl. Medard Kehl SJ, "Communio" - eine verblassende Vision? in: Stimmen der Zeit, Heft 7/1997, 453).
Die Konzilsdokumente haben die Gemeinsamkeit des ganzen Volkes Gottes in der Sendung und Berufung der Kirche inmitten der Welt immer wieder in den Vordergrund gerückt. Auch die Bischofssynoden der letzten Dekade haben die Gemeinschaft in der Kirche als Geschenk des Geistes in der Vielfalt der Charismen und der Lebensformen gewürdigt: die Berufung und Sendung der Laien (1987), die Priesterbildung im Kontext der Gegenwart (1990) und das gottgeweihte Leben (1994).
Jemand äußerte die Meinung: Das Problem des Sinnes der Geschichte bestehe ausgerechnet darin, ob der Mensch es vermag und ob er sich dessen bewußt ist und ob es ihm überhaupt gegeben ist, die Wahrheit von sich selbst zu entdecken, solange seine Geschichte noch andauert. Verrät die Geschichte, die so viele Zeichen der Zufälligkeit und soviel Irrationalität aufweist, allen zum Trotz doch eine gewisse Notwendigkeit, die dann eine Art Rechtfertigung von allem ist, was sich in der Geschichte ereignete?
Es ist eine unwiderrufliche Tatsache, dass in der Welt zahlreiche Gebetesgruppen durch Medjugorje-Pilger gegründet wurden. Dies geschah und geschieht noch heute aufgrund des Wunsches der Muttergottes, Gebetsgruppen zu gründen. Es ist schwierig, die genaue Anzahl zu wissen aber gewiss sind es Tausende (gem. Rene Laurenten, Eight Years, 1989, Milford, Ohio, The Riehle Foundation, Seite 56).
Pilgerfahrten kennt man in allen Religionen. Sie sind ein Ausdruck des Menschen, der Gott an Orten sucht, an denen Er sich auf besondere Weise offenbarte, an denen Er dem Menschen die Möglichkeit gab, Seine Anwesenheit leichter zu fühlen oder bei besonders begabten Personen, die mit ihren Gaben ein besonderes Zeichen der Anwesenheit Gottes bezeugen. Deshalb gibt es Wallfahrtsorte, welche die Menschen anziehen und zu denen sie auf der Suche nach neuen Gotteserfahrungen kommen, beziehungsweise nach Erfahrungen des Friedens, der Freude, Liebe und Hoffnung. Mit jeder Pilgerfahrt verlässt der Mensch seinen Alltag, lässt Arbeit, Familie, Freunde, Sicherheit hinter sich und macht sich auf seinen Weg, getragen von der Sehnsucht nach einer neuen Begegnung mit Gott.
Das eine ist, dass jeder, so gut er kann, die Botschaften zu leben versucht, die die Königin des Friedens uns so geduldig und unermüdlich ans Herz legt. Ein anderes ist, dass wir in allen Medjugorjezentren und Gebetsgruppen darauf achten, dass die ursprüngliche Botschaft nicht verfälscht oder verdunkelt wird. Medjugorje ist nicht irgendeine fromme Gebetsbewegung. Ihr Programm ist nicht einfach das einer beliebigen Volksmission, wie sie von Zeit zu Zeit in unseren Gemeinden angeboten wird. Beten ist gut, fasten ist gut, zur Hl. Messe gehen ist gut, regelmäßig zur Beichte gehen ist gut, die Hl. Schrift lesen ist gut. Aber wenn wir nicht begreifen, dass es bei aller persönlichen Frömmigkeit umfassend um Frieden und Versöhnung geht, der hat den Kern der Botschaften von Medjugorje noch nicht richtig verstanden. Sicher geht es immer auch um "Rette deine Seele". Zentral für Medjugorje aber ist die biblische Botschaft: es geht Gott um die Einheit seines Volkes, um Frieden auf der Erde, um die Rettung der Welt.
Lieben und geliebt zu werden ist der grundlegendste und tiefste Wunsch eines jeden Menschen. Wir brauchen nicht darüber zu diskutieren, wie wichtig Liebe und Annahme in der Lebensschule der Familie sind. Mangel an Liebe und Angenommensein in der Familie hinterläßt tiefe Wunden. Es ist bekannt, daß sogar ein eben erst empfangenes Kind fühlt und weiß, ob es in Liebe angenommen ist oder nicht. Es ist aus der Praxis der Psychotherapeuten bekannt, daß tiefe Ängste, die einen Menschen während seines ganzen Lebens begleiten, oft vor der Geburt verursacht wurden, weil Vater und Mutter eine Abtreibung planten.
Unter den Theologen gab es 1973 eine turbulente Debatte über die Bedeutung der Auferstehung Jesu und den Sinn der Berichte über die Erscheinungen des Auferstandenen, wie sie uns im Neuen Testament überliefert sind. R. Pesch, ein liberaler Theologe, hatte diese Diskussion provoziert, indem er sagte, daß "die Berichte über die Auferstehung nur ein Ausdruck des Glaubens der Jünger sei, für die eschatologische Bedeutung Jesu, seiner Mission und seiner Autorität, zur Rechtfertigung seines Todes." Die Berichte über die Auferstehung seien nur eine "Rechtfertigung" der Jünger, ihrer Entscheidung, diese "Bedeutung Jesu" zu verkünden. Sein Kollege, M. Hengel, ein gemäßigter protestantischer Theologe, bedauerte vor allem in seiner Antwort, daß in unserer Zeit die Erscheinungen als Halluziationen bezeichnet würden, und sagte weiter:" Weil die reiche mystische Tradition der Kirche versiegt ist, zumindest in unseren Ländern, sind diese Phänomene ein Kompetenzbereich für Psychiater und Drogenberater geworden, und nicht mehr für die Theologen. Eine Vision wird als "pathologisches Phänomen" bezeichnet. (ThQ 3/1973, S. 255). Es war fast wie ein prophetisches Wort, was acht Jahre später in Medjugorje bei den Erscheinungen geschehen wird.
Der Begriff „Privatoffenbarung“ ist schon seit einiger Zeit ein allgemeiner Begriff in der Theologie. Ihm gegenüber steht der Begriff der „öffentlichen Offenbarung“. Die öffentliche Offenbarung wäre diejenige, die in der Bibel steht, und die private Offenbarung wäre die außerbiblische. Es wäre aber richtiger von biblischer und außerbiblischer Offenbarung zu sprechen. Es gibt keinen richtigen Grund, der biblischen Offenbarung mehr Wert und Sinn zu geben, als der privaten, denn - wenn beide wahr sind, wenn beide von Gott kommen - dann sind beide göttlichen Ursprungs und gleichwertig. Beide sind von Gott für die Menschen gedacht und Er will, dass beide angenommen werden. Sonst hätte Er keinen Grund überhaupt zu sprechen. Wenn auch gerechtfertigte Unterschiede zwischen den beiden bestehen, dann ist es keinesfalls in dem Sinne, dass die eine verpflichtend wäre und die andere nicht. Beide sind verpflichtend. Für jeden, den sie erreicht haben, und der genügend Gründe und genügend moralische Sicherheit betreffend ihrer Echtheit hat, sind beide gleicherweise verpflichtend.
Der Stellenwert von Medjugorje in der Kirche ist ein schwieriges Thema, umstritten, Objekt von Verwirrung und Mehrdeutigkeit, das zu klären wichtig wäre.
Medjugorje bedarf unter uns keiner Erklärung. Es ist ein Gnadenort, an dem die Jungfrau Maria mit wahrhaft außerordentlichen Früchten erschienen ist: geistiges Leben, Bekehrungen, Heilungen. "Einen Baum erkennt man an seinen Früchten", sagt der Herr, und das ist das einzige Unterscheidungskriterium, das von Ihm kommt (Mt 7,20; 12,33).