Kurze Zeit nach Beginn der Erscheinungen der Königin des Friedens in Medjugorje verbreitete sich in der Öffentlichkeit die Nachricht, daß sich die diözesanen und die franziskanischen Priester in der Diözese von Mostar nicht in allen Fragen verstehen, die die Regulierung ihrer Beziehungen betreffen. Diese Uneinigkeit besteht ansonsten schon seit mehr als hundert Jahren und dauert leider noch bis zum heutigen Tage an. Auf örtlichem Niveau wäre diese Meinungsverschiedenheit nicht so zugespitzt, wenn sich die Diözese von Mostar nicht auf einem Gebiet befände, auf dem sich mehrere Glauben, Kulturen und Zivilisationen schneiden. Auf weltlichem Niveau käme sie überhaupt nicht zum Ausdruck, wenn es sich nicht um eine Diözese handeln würde, in der die Muttergottes erschienen ist. Zweiffellos beeinflußt diese Zwietracht sowohl die Meinung der örtlichen Kirche als auch die der gesamten Kirche Kroatiens was die Erscheinungen der Muttergottes betrifft. Erinnern wir uns nur daran, daß in den ersten paar Monaten der Ortsbischof Pavao Zanic an die Echtheit der Erscheinungen der Muttergottes glaubte, seine Meinung aber aus nur ihm bekannten Gründen änderte. Da sie ihre sogenannte bischöfliche Kollegialität zwischen den Bischöfen Kroatiens bewahren möchten, sind die Bischöfe Kroatiens seitdem bemüht darum, sich mit Erklärungen zurückzuhalten. Ihnen folgten auch andere bekannte kirchliche Persönlichkeiten. Trotzdem gab es die ganze Zeit lang auch bedeutende Ausnahmen.
In der kroatischen Wochenzeitschrift "Globus" vom 5. September 1997 äußerte auf den Seiten 14 bis 16 Professor Dr. Adalbert Rebic seine Meinung zu den zahlreichen Kirchenfragen in Kroatien. Er zählt derzeitig zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der Kirche in Kroatien. Er ist Priester, Professor der Wissenschaften zur Heiligen Schrift an der Katholischen Theologischen Fakultät in Zagreb, bis 1996 mit Genehmigung der Kirche Vorsitzender des Flüchtlingsbüros in der kroatischen Regierung, Autor zahlreicher Fachliteratur und -artikel... Aus dem umfangreichen Interview zitieren wir nur die Fragen und Antworten, die sich auf die "Medjugorje"-Ereignisse beziehen:
Was kann das Kapitel tun, um endlich den Fall der herzegowinischen Franziskaner zu regeln? Glauben Sie, daß es möglich ist, die Beziehungen der amtlichen Strukturen hinsichtlich Medjugorje zu ändern?
Ich werde Ihnen meine persönliche Meinung dazu sagen: in der Herzegowina sollten beide Seiten mehr Gottes Geist haben. Den Franziskanern muß man zugestehen, daß sie für das Volk im Laufe der Geschichte unermeßlich viel getan haben. Die Franziskaner haben den katholischen Glauben, ja sogar das Kroatentum in der Herzegowina bewahrt. Sie waren jahrhundertelang mit dem Volk. Mit Recht nannte man sie "Onkel", so wie sie auch heute noch genannt werden. Sie sind ein Teil der herzegowinischen Familie. Weshalb sollte man dies alles zerstören? Und dazu noch mit Gewalt, Verordnungen, Strafen und Drohungen? Glauben Sie mir, daß ist bestimmt nicht im Geiste von Christus, im Geiste seines Evangeliums.
Wenn Sie meine Meinung zu Medjugorje wissen wollen, werde ich Ihnen antworten: Medjugorje ist ein Geschenk Gottes an unser Volk auf diesen Gebieten. Ich möchte nicht auf die Echtheit oder Erfindung der Erscheinungen der Muttergottes eingehen. Darüber habe ich meine theologische Meinung, wie auch zu Lourdes und Fatima und zu allen anderen derartigen Heiligtümern. Aber Medjugorje ist Gottes Werk. Ich war mehrere Male dort, besonders als Stellvertreter der Regierung während des Krieges und der Spannungen in Mostar. Medjugorje ist eine geistige Oase. Hier kann der Mensch Gottes Nähe erleben wie auch auf dem Berg Sinai. Hier existiert etwas Besonderes. Etwas, was man weder in Lourdes noch in Fatima erleben kann. Deshalb kommen viele Menschen aus allen Teilen der Welt nach Medjugorje. Warum aber schauen einige unserer Priester oder Bischöfe ungesinnt auf dieses Geschehen? Deshalb, weil das Phänomen in die Obrigkeit der Franziskaner fällt? Das wäre wirklich traurig! In Medjugorje sah ich Gottes Geist am Werk: dort sah ich Messen, Beichten, Gebete, tägliche und ganztägige Bußen, von morgens bis abends. Wen könnte es stören, daß die Menschen beten, beichten, singen, daß sie glücklich sind, daß sie geistig genesen...?
Ich glaube, daß einige Bischöfe nicht verstehen, daß Herrschaft im kirchlichen Sinne nicht bedeutet, daß man herrschen, gebieten soll, sondern vorrangig, daß man dienen, lieben und helfen soll. Das ist der Sinn von Herrschen in der Kirche und ebenfalls Sinn der Bischöfe. Ein Bischof sollte koordinieren, lieben, dienen, die Würde jedes Menschen, jedes diözesanen und franziskanischen Priesters ehren."
Wir glauben, daß man sich diesen prophetischen Worten gegenüber nicht taub stellen sollte. Sie sind aus den Betrachtungen und Erlebnissen dessen entstanden, was die Königin des Friedens verkündetete und immer noch in Medjugorje verkündet. Deshalb sollten wir uns dazu entschließen, für die Einheit der örtlichen Kirche zu beten, in der sich Medjugorje befindet, damit sie dadurch fähiger wird, gemeinsam mit der ganzen Kirche in Kroatien auf den Ruf der Muttergottes zu antworten. Auf diese Weise wird die Königin des Friedens ohne derartige Hindernisse wirken können.