Msrg Bernardo Cazzaro, Alterzbischof der Erzdiözese Puerto Montt in Chile, hat den Großteil seines Lebens als Missionar in Chile verbracht. Als er den aktiven Dienst als Bischof aufgegeben hatte, kehrte er in sein Geburtsland Italien zurück, um dort als geistlicher Berater und Beichtvater im Marienheiligtum Monte Berico helfend tätig zu sein.
Während er mit einer Pilgergruppe aus der Provinz Vittorio Veneto im Mai 2007 in Medjugorje war, hat Lidija Paris mit ihm über seine Eindrücke von Medjugorje gesprochen.
Ja, ich bin zum ersten Mal hier. Mich hat diese Pilgergruppe, deren Teilnehmer zum Großteil aus Vittorio Veneto kommen, eingeladen. Als ich noch in Chile war, habe ich schon von Medjugorje gehört, aber nur sehr wenig. Das liegt für Chile am anderen Ende der Welt, weit weg. Als ich wieder in Italien war, hörte ich im Radio Maria Pater Livius, als er über die Botschaften von Medjugorje sprach. Ich wollte Medjugorje persönlich kennenlernen und nicht nur darüber hören, was die anderen sagen. Ich nahm also die Einladung dieser Pilgergruppe an. Ich freue mich, dass ich hier bin. Wir sind hier vier volle Tage, die Reisezeit nicht eingerechnet. Das ist wirklich etwas kurz. Wir betrachten in diesen schönen Tagen gemeinsam die Geschehnisse. Nun, wenn man in einer Gruppe ist, hat man ein gemeinsames Programm, aber ich würde lieber die Geschehnisse allein betrachten.
Mein erster Eindruck ist wahrlich schön und positiv. Ich merke, dass es wahr ist, was ich gehört habe, ja ich habe sogar mehr entdeckt, als ich mir vorgestellt hatte. Das teilt sich in zwei Gesichtspunkte. Der eine sind die örtlichen Gegebenheiten – hier gibt es außer den Orten der Erscheinungen selbst noch eine große Anzahl von Orten des Gebetes. Orte, an denen man leichter beten kann, wohin die Leute auch gehen, wo sie zusammenkommen. Davon hatte ich keine Ahnung! Ich wusste, dass die Kirche hier zwei Türme hat. Die Kirche ist sehr schön! Sehr gediegen! Der zweite Gesichtspunkt ist die Menge der Menschen, die hierher kommen. Das hat mich sehr beeindruckt. So viele Pilger, ein solcher Eifer und eine große Herzlichkeit zueinander. Man kann beobachten, wie jede Gruppe eine kleine Gemeinschaft ist, die alles gemeinsam unternimmt. Sie sind ein Herz und eine Seele. In diesen Momenten, da sie gemeinsam beten und in allem, was sie gemeinsam unternehmen, sind sie ein lebendiges Evangelium. Das hat mich sehr beeindruckt.. Man liest die Botschaften mehr oder weniger, in ihnen gibt es ja nichts Neues, aber die große Zahl der Menschen, die kommen, um zu sehen, zu fühlen, zu erfahren, das ist wahrhaftig beeindruckend!
Ich habe mit keinem Seher gesprochen, ich habe auch kein Gespräch mit ihnen angestrebt. Gestern war ich bei der Erscheinung mit Mirjana, es ist angenehm, dass es Erscheinungen gibt. Ich bin Gott dankbar, dass die Gospa schon so lange erscheint, denn diese Gnaden sind nicht für die Seher, sondern für uns. In Wirklichkeit erscheint die Gospa durch sie uns allen, sie spricht zu allen. Mir aber scheint etwas anderes wichtig zu sein. Jesus sagte: „Selig, die nicht sehen und doch glauben.“ Es überkommt mich ein großer Friede, denn ich weiß durch die Botschaften, was ich tun muss, auch wenn ich sie nicht selbst von der Gospa direkt höre. Durch Zeitschriften gelangen dann die Botschaften in die ganze Welt. Nicht alle werden kommen, um sich zu überzeugen, ob jedes Ereignis wahr ist oder nicht.
Ja, denn dies steht im Einklang mit der menschlichen Psyche, sie sucht stets etwas Neues. Wenn nun das Neue auch noch schön ist, setzt ein gewisser Mechanismus ein und somit eine Bekehrung. Gott, unser Schöpfer, kennt dieses innere Bedürfnis, das nach Neuem strebt und wir sind glücklich, dass dieses Neue auch noch schön ist! Viele Menschen werden dadurch angesprochen. Gott hat sogar Wunder eingesetzt, denn es gibt Menschen, die nur durch ein Wunder bewegt werden können.
Die Dauer der Erscheinungen ist ein Thema für sich. Ich habe damit keine Probleme. Ich verlange von Gott keine Rechenschaft. Er wird das von mir verlangen und nicht ich von Ihm! Wenn der Herr zweimal erscheinen will oder zwanzig mal oder zweihundert mal, was soll ich ihm vorschreiben? Das hier ist kein Bild, nur der Rahmen. Der Bildinhalt ist das, was Gott zu uns spricht, was er von uns will, welche Probleme wir lösen sollen. Das ist Inhalt des Bildes. Er will uns verändern und auch die ganze Welt verändern, wenn wir auch hartköpfig sind, der Herr hat Ausdauer. Langsam erzieht er uns durch diese Botschaften, die alle in ihrem Wesen das Evangelium widerspiegeln. Wenn wir mehr das Evangelium lesen würden, es betrachten würden, bräuchten wir keine Botschaften. Jedoch, wir haben das Evangelium vernachlässigt und die Botschaften erinnern uns daran. Die Botschaften sind nichts Außergewöhnliches, nicht Schweres. Wir müssen nur unser Herz verändern. Jesus sprich davon schon seit 2000 Jahren.
Der Herr hat seine Pläne. Es gibt Charismen. Charismen werden immer nutzbringend für die Kirche oder für Gemeinschaften gegeben. Manchmal ist dieser Nutzen verborgen, aber Charismen sind nicht immer absolut streng und privat. Ihr Ziel ist immer das gemeinsame Wohl und nicht nur das persönliche. Hier sind die Charismen für alle sichtbar, offenkundig und allen zugänglich.
Die Gospa hat einen Ort erwählt, der aus kirchlicher Sicht vorgesehen war. Sie hat eine Pfarre erwählt, einen Ort fürdie Belange Gottes, wofür die Priester hier die Obsorge übernommen haben. Ihr habt Glück, dass ihr hervorragende Franziskanerpatres habt; nicht nur einen, sondern gleich eine Gemeinschaft geweihter Patres. Die Gospa spricht aber zu allen Pfarren. Was sie hier sagt, gilt für alle Pfarren. Sie sollten Pfarren des Gebetes, des Glaubens und der Liebe sein. Nur, wenn die Pfarre sehr groß, ist, ist das sehr schwer, denn die Menschen kennen einander nicht mehr. Zwischenmenschliche, persönliche Beziehungen gibt es nicht mehr. In Lateinamerika, in Chile, wo ich viele Jahre war, nennen wir die Pfarre eine „Gemeinschaft der Gemeinschaften“.
Das heißt, viele Pfarren bestehen aus 25 bis 30 Kleinpfarreien, wie eine Weintraube, deren Oberhaupt ein Priester ist, der im Hauptsitz der Pfarren wohnt, irgendwo in der Mitte. Die Pfarre ist also eine Gemeinschaft von mehreren Kleinpfarren, aber jede ist eine kleine Autonomie und der Priester leitet alle unter Mitarbeit von Laien, vielen Laien, weil es zu wenig Priester gibt. So gesehen hat die Gospa eine Pfarrei erwählt um uns zu sagen, dass alle kirchlichen Strukturen im Dienste der Liebe, des Glaubens sein sollen und nicht fixe Strukturen der Verwaltung, sondern, dass Hilfskräfte dem Menschen zum Gelingen verhelfen.
Die Kirche macht das sehr gut, wie sie es eben macht. Man muss klug vorgehen. Klug, nicht nur deswegen, weil der Dämon als Engel des Lichtes erscheinen kann, was schon der hl. Paulus sagte. Ich sage das auch aus einem anderen Grund. Ich will ihnen ein kleines Beispiel erzählen: Eine Gerichtsverhandlung, sie kann lange andauern. Der Richter kann erst ein Urteil abgeben, wenn er alle Zeugen vernommen hat. Die einen behaupten dies, die andere widersprechen ihnen, sie beschuldigen einander. …Hier handelt es sich nicht um einen Prozess, aber es ist ein Vergleich, der mir gerade einfällt. Der Richter muss zuhören. Wenn alle gesprochen haben, dann hat er Kenntnis und kann ein Urteil abgeben. In Fatima haben sich 1917 übernatürliche Erscheinungen ereignet und die Kirche hat erst 1942 volles grünes Licht gegeben, das heißt, nach 25 Jahren. Die Menschen gingen zwar hin zu beten, es entstand eine geistige, gläubige Bewegung, aber die Kirche hat lange Zeit keine Anerkennung gegeben. Das hat aber den geistigen Früchten keinen Abbruch getan. Wenn wir also betrachten und fragen: „Sind diese Erscheinungen, diese Phänomene, göttlichen Ursprungs oder nicht“? Die Wissbegier ist verständlich. Ich verurteile diese Sichtweise auf keinen Fall, aber ich sage: Was ist wichtig? Wichtig ist etwas anderes: Die Früchte, die daraus hervorgehen. Die Früchte. Wenn ich mich einem Baum voller Früchte nähere, schaue ich nicht, ob die Wurzeln gesund oder krank sind. Ich sehe schöne Früchte, nehme sie, esse sie und biete sie anderen an. Wenn die Früchte gut sind, werden wohl auch die Wurzeln gesund sein, so sagt auch Jesus. Wenn einer sagt „Ich glaube nicht“, verstehe ich auch das, das ist ein menschlicher Standpunkt, man kann ihn nicht verurteilen, denn die Kirche gibt uns hier volle freie Entscheidung. Nur das „Glaubensbekenntnis“ müssen wir als Glaubensinhalt annehmen und damit Schluss. Alles Andere ist Privatsache. Wühle nicht nach den Wurzeln. Betrachte die Früchte, die Früchte der Bekehrung, den Aufruf und den Inhalt der Botschaften. Das alles sind Inhalte des Evangeliums. Man kann das Evangelium nicht ablehnen, auch wenn es dir kleinlich vorkommt wie „Kindernahrung“, denn wir sind wie Kinder und die Gospa bietet uns im Wesentlichen „Kindernahrung“ an. Wir sind wie Kinder geworden und bedürfen einer neuen Evangelisation. Die Gospa sagt das in einer einfachen Form wie eine Mutter, sie gibt uns kleine, aber kostbare Aufgaben, damit wir dieses Evangelium verwirklichen können, das wir ja schon nahezu vergessen haben. Das ist wichtig. Gewähren wir der Kirchen den langsamen Weg. Sie muss prüfen, Kommissionen einberufen, Für und Wider ausforschen, alles, was sie will. Man sagt „Die Kirche soll anerkennen.“. Wer ist diese Kirche und wer sind wir? Nun, wir sind diese Kirche, wir haben es schon anerkannt! Wir brauchen aber eine verantwortungsvolle Hierarchie, dass wir keine Fehler machen. Sie muss alles Gute, das geschieht, untermauern. Wenn ich zu Tische gehe, schaue ich nicht, was man in der Küche tut. Mir genügt es, dass man mir ein gutes Essen bringt. Ich esse und bin glücklich. Was aber die Küche betrifft, da habe ich volles Vertrauen! Ich werde das Mahl nicht deswegen zurückweisen, weil ich nicht weiß, ob in der Küche alle hygienischen Vorschriften eingehalten werden. Das ist ein kleiner Vergleich… Ich verstehe die Not der Bischöfe. Wie oft werden uns solche Botschaften aufgebürdet… es gibt auch Dummheiten, sogar in der Presse… die das ewige Heil vom eigenen Beitrag abhängig machen. Lassen wir uns nicht täuschen! Es gib Lügenbotschaften, nach denen das ewige Heil nicht von Jesus kommt, sondern von deinem Rosenkranz, von deiner Pilgerfahrt und nicht von der Beichte, von der Kommunion und von der Bekehrung ….
Das Fasten ist hier ehrlich. Ich habe darüber viel nachgedacht. Das Fasten hier hat ein angemessenes Maß, ausgerichtet zum besseren Gebrauch der Dinge. Wir Dummköpfe sind in Gefahr, in allem zu übertreiben. So ruinieren wir jede gute Sache, die uns gegeben wird. Wir machen alles zunichte, denn wir sind Sünder. Wir missachten auch die Nahrung, denn wir essen zu viel. So geht auch die Gesundheit verloren. Dann machen wir ein Abmagerungskur. Wir machen Bewegungen, laufen…Die Gospa sagt: Fastet, zwei Tage in der Woche. Das ist gut so, ausgezeichnet, wie sie das verlangt. Diese Art von Fasten soll jeder machen, der es kann. Es gibt Menschen, die das nicht können, denn sie haben dafür keine Kraft. Da muss man auf andere Weise fasten. Es gibt Dinge, die wir schlecht gebrauchen, wie zum Beispiel Fernsehen. Ich meine, das wichtigste Fasten, das wir nötig haben, wäre den Fernseher abzuschalten bei schmutzigen Programmen, auch das Internet. Wir müssen auch fasten, indem wir auf Zeitschriften oder andere unmoralische Medien verzichten. Das ist ein Fasten, das wir durchführen müssen. Entschlossen. Das brauchen wir, wenn wir leben wollen. Das Unheil kommt daher, dass wir sogar die Medien verdorben haben. Wir Menschen sind Sünder. Es gibt sogar solche, die weltweit Verbrechen organisieren. Eine andere Art Fasten kommt von unserer falschen Auffassung. Man empfindet Fasten oft sehr schwierig und unmöglich. Aber es genügt nicht nur, auf Nahrung zu verzichten. Ein Fasten, das Jesus liebt: „Wer mein Jünger sein will, verzichte auf sich selbst.“ Das ist wohl das höchste Fasten: Zu widersagen. seiner Eitelkeit, seinem Dünkel, seinem Zorn, seinen Gelüsten, seinem Geiz… Seine Neigungen darin zu zähmen. Das ist christliche Askese. Wir brauchen sie. Wir haben das Evangelium vernachlässigt, wir haben auch das Kreuz, von dem das Evangelium spricht, vergessen. Aber das wäre Fasten, sein Kreuz täglich auf sich zu nehmen, um so besser zu werden, seine Leidenschaften zu zügeln. Fasten ist ein Lebensprogramm, nicht nur eine einmalige Tat.
Weil wir das Kreuz vergessen haben, nicht das körperliche Kreuz, sondern das Kreuz, von dem Jesus im Evangelium spricht. Verehrung des Kreuzes ist ein Teil der Frömmigkeit, die sich im Leben widerspiegeln muss. Wir müssen unsere Kinder erziehen und ihnen beibringen, dass man seinen kleinen Launen nicht nachgeben darf. Als ich noch klein war, hat man uns gelehrt, kleine ‚Sträußchen’ zu binden aus kleinen Opfern, die wir erbracht hatten, um sie dann der Muttergottes im Mai zu geben. Kreuzverehrung fokussiert die Aufmerksamkeit auf einen Punkt und dieser Punkt soll alles Übrige erhellen. Das Kreuz, das du auf deinen Schultern trägst... das Leiden in Vereinigung mit Jesus Christus anzunehmen. Der Kult muß auf das Leben übergehen, das ist ein Kult, der Gott gefällt. Es wäre pharisäisch, in der Kirche Gott zu verehren und außerhalb der Kirche sich selbst zu verehren, seine Eitelkeit zu pflegen, das Kreuz abzuwerfen und alles zu unternehmen, um dem Kreuz in seinem Leben zu entkommen. Wenn dann das Kreuz tatsächlich kommt, ist man verzweifelt und weiß nicht, was man tun soll.
Das ist schön. Das ist eine der schönsten Früchte an diesem Ort der phänomenalen Erscheinungen. Wahrhaftig, die Gospa empfiehlt die Beichte, um uns mit der Barmherzigkeit Gottes zu konfrontieren und unser Leben zu ändern.
Ich komme aus dem Heiligtum Monte Berico, wo sich auch solche Dinge ereignet haben, nur nicht in so großem Umfang. 1426 erschien dort die Gospa zweimal. Es tobte die Pest, die Gottesmutter hat sich eingemischt und verlangte eine Kapelle. Niemand, nicht der Bischof und auch kein anderer Verantwortlicher hat dieser Frau mit Namen Vinzenza Bassini Glauben geschenkt. So hat die Pest auch weiterhin ihr Unwesen getrieben, zwei Jahre lang. Einige gute Menschen haben weitergebetet und die Gottesmutter ist wiederum erschienen, am selben Ort und hat mit einem Kreuz den Platz für die Kapelle bezeichnet. Da hat man geglaubt und innerhalb von drei Monaten haben sie eine Kapelle errichtet. Von dem Tag an, als sie mit der Errichtung der Kapelle begonnen haben, hat die Pest nachgelassen und ist nach drei Monaten verschwunden. Die Gottesmutter sagte, sie wünsche nicht nur Heilung vom körperlichen Leiden, sondern auch die seelische Heilung, denn es gab viele Sünden, wie überall. .. Gott verlangte die Bekehrung, da konnte der Körper und die Seele geheilt werden. Wir hören jeden Tag die Beichte. Nun, das gibt es in allen Heiligtümern, wo es Priester gibt.
Hervorragend! Auch wir Priester sind Menschen wie alle anderen. Wir haben unsere Schwächen und auch wir brauchen Bekehrung. Es gibt keine Garantie, dass wir in der Gnade bleiben können!
Alles in allem, ich sehe hier keine Verkehrtheiten, nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste. Als Bischof sehe ich hier keine Hirngespinste, nichts Wunderliches. Alles verhält sich nach den Normen der Kirche: die Liturgie, das Gebet, das Opfer und die Bekehrung. Alles ist gut. Danken wir Gott! Ob die Kirche sagt „Es ist wahr“, ob sie das morgen oder in zwanzig Jahren sagt, ist nicht wichtig. Es hat keine Eile! Sie soll frei handeln! Mögen alle kirchlichen Autoritäten frei entscheiden. Das ist vor allem der Ortsbischof, beziehungsweise in unserem Fall der Vatikan. Das ist überhaupt nicht wichtig. Ich achte die Früchte.